Montag, März 19, 2007

tage wie dieser

ein tag, an dem man um halb zehn aufsteht, nachdem man sich in der nacht zuvor halb vier schlafen gelegt hat. ein sonntag, an dem keine sonne scheint, aber regen und hagel vom himmel fällt. ein morgen, an dem einen die wildesten träume von vorbereitungen des eigenen todes wecken, an dem man verwirrt auf der bettkante sitzt und regungslos auf die vorhänge starrt; man sich schließlich doch aufrafft, in den gottesdienst zu gehn - um eine predigt zu hören, die sicherlich schon gut war, die verwirrung aber nicht wegnimmt. ein sonntag an dem die pilz-sahne-soße scheinbar nach dem topf schmeckt, in dem sie gekocht wurde und man sich danach wie schlafen fühlt; und es auch tut!
ein tag, an dem auch der zweite anlauf in den tag zu starten - halb sieben abends - nichts von einem erfrischenden morgen hat, bedingt wohl auch von der gewissheit noch ungefähr zweittausend worte zu papier und ein referat zu stande bringen zu müssen. ein tag, an dem die gedanken am schreibtisch mindestens zweitausend kilometer vom thema weg in die ferne schweifen und sich erst gegen halb eins der beginn einer produktiven phase ausmachen lässt; die dann bis halb fünf morgens anhält! an solchen tagen fragt man sich, was wäre wenn morgen die welt unterginge. man fühlt sich wie in Psalm 39, 6/7:
"...wie gar nichts sind alle menschen, die doch so sicher leben! sie gehen daher wie ein schatten und machen sich viel vergbliche unruhe; sie sammeln und wissen nicht, wer es einbringen wird."
glücklicherweise ist das nur einer von 31175 versen. doch lastet die menschliche vergänglichkeit an einem tag wie diesem schwer wie ein mühlstein auf meinen schultern und wüßte ich's nicht besser, ich würde darunter zusammenbrechen. doch auch wenn das wissen den stein zu staub verfallen lässt, so bleibt doch der staub, zu dem auch wir einmal werden.

Donnerstag, März 08, 2007

mitbewohner †

der bisherige kontakt zu meinen mitbewohnern war meist von einer gewissen zweckmäßigkeit geprägt. der großteil unserer 'unterhaltungen' beschränkte sich bei dem einen auf die frage nach etwas erdnussbutter, weil ihm selbige ausgegangen war, bei der anderen nach dem anteil an der energiekostenrechnung (immerhin). oder man lief sich einfach nur flüchtig in der küche über den weg. lediglich mit meiner deutschen mitbewohnerin, Nina, hatte das zusammenleben einen wohngeminschafts-artigen charakter. doch in letzter zeit bekam ich auch den sonst eher hektisch durch die küche laufenden hausgenossen, Miguel, etwas häufiger zu gesicht. ob er sich nicht so recht wagte mit mir zu kommunizieren, konnte ich mir eigentlich nicht vorstellen. schließlich bin ich doch an einer lebendigen und intakten hausgemeinschaft interessiert. okay, er hatte sich bisher fast ausschließlich durch vergreifen an meinem brot bemerkbar gemacht und okay, er fiel bisher eher durch den dreck auf, den er in der küche hinterließ - hatte also allen grund, sich zu verkrümeln. aber trotzdem! ein vorurteilsfreies und gesellschaftliches zusammenleben lag und liegt mir doch sehr am herzen. man soll sich zu hause doch wohlfühlen können! meines erachtens nach gehört dazu nun auch mal, dass man miteinander zeit verbringt. und tatsächlich standen die zeichen in den letzten wochen auf annäherung und begegnung. Miguel verdrückte sich nicht sofort in seinen teil der wohnung, wenn man die küche betrat und es schien als ob er einen schritt auf mich, eigentlich auf uns andere, zukommen wollte. die gelegenheit wollte ich am schopf packen und bot ihm prompt ein stück unseres leckeren LIDL-käses an, als ich selbst über dem abendbrot saß. nach nunmehr fünf monaten, von denen wir uns in den ersten drei fast überhaupt nicht gesehen hatten, schien der bann gebrochen, die angst überwunden.
doch dann der große schock! am morgen des sechsten märz 2007 kam Nina sichtlich aufgelöst in mein zimmer... Miguel Sanchez lag inmitten der küche tot auf dem boden. unfassbar. ich konnte, ja wollte es nicht glauben. musste mich mit eigenen augen überzeugen. doch es war unumkehrbar und endgültig. da lag er: die sonne strahlte durchs fenster auf sein graues fell und ließ es beinahe glitzern. sein ca. 6 cm langer schwanz war schon fast steif, sein mund stand offen. mausetot - im wahrsten sinne des wortes! mich überkam große trauer, gar eine leere... eine leere, die es vermochte, die erst kürzlich aufgekeimte hoffnung vollkommen zu verschlingen - ähnlich einem schwarzen loch mitten im all, das jegliche materie in sich aufsaugt und zu absolutem nichts werden lässt. nichts blieb mir, als aus einer leeren fotofilm-schachtel einen sarg zu fertigen und Miguel Sanchez (oder dt.: Michael Schnanze) darin seine letzte würde zu erweisen. am fensterbrett im wohnzimmer bahrte ich ihn auf, um meinen menschlichen mitbewohnern zu ermöglichen, angemessen von ihm abschied zu nehmen.
mit sicherheit geht mit seinem tod ein kapitel zu ende. doch bin ich mir sicher, es wäre in Miguel's sinn gewesen, die geschichte damit nicht enden zu lassen. das tor, welches er mit seiner initiative aufgestoßen hat, soll durch sein ableben nicht wieder geschlossen werden. vielmehr soll es zum symbol einer neuen verständigung zwischen allen mitbewohnern werden - auch und besonders mit den nicht-menschlichen.